Ohne bewusste Gegenmaßnahmen funktionieren Menschen im Alltag oft wie im Autopilot. Auch die Zeit verfliegt dadurch immer schneller, denn das Gehirn funktioniert hierbei ein bisschen wie bei der digitalen Bildkompression. Was redundant ist, kann man zusammenfassen. Aber alles, was einen neuen Reiz darstellt, durchbricht diesen Autopilotmodus. Das geschieht oft bei längeren Urlaubsreisen (sofern sie nicht immer am gleichen Ort stattfinden). Der Effekt lässt sich aber auch mithilfe von bewussten 24-Stunden-Auszeiten in der eigenen Umgebung erzielen.
Bei dieser Mikro-Reise kann jeder, der sonst immer sein Fahrtenbuch elektronisch führen muss, dieses Gerät einmal ausschalten oder das Handy in eine Schublade packen und die Freiheit ohne digitale Verpflichtungen genießen. Es geht um das Abschalten und Loslassen. In den nächsten fünf Abschnitten untersuchen wir einfache Strategien, die einen echten Erholungswert schaffen können.
Digitale Entgiftung
Hält man bewusst Abstand von elektronischen Geräten und Online-Aktivitäten, sind wir mitten in der digitalen Entgiftung. Worum geht es? Das ständige Checken von E-Mails, sozialen Medien und Nachrichten soll unterbrochen werden. Mithilfe dieser Pause kann sich das Gehirn besser erholen und wieder fokussierter werden.
Interessanterweise merken Menschen oft erst in der digitalen Auszeit, wie stark ihre Aufmerksamkeit durch Bildschirme in Anspruch genommen wird. Bereits eine kurze Entgiftung von nur 24 Stunden kann dabei bereits helfen. Hierfür kann man beispielsweise das Handy in den Flugmodus schalten oder in einer Schublade verstauen (am besten aber im Lautlosmodus). Denkbar ist alternativ auch das temporäre Deinstallieren bestimmter Apps. Durch die nun gewonnene Zeit wird Platz für echte Gespräche, Naturerlebnisse oder kreative Tätigkeiten geschaffen.
Umgebungswechsel im Nahbereich
Beim Umgebungswechsel im Nahbereich können neue und interessante Orte in der eigenen Stadt oder Region entdeckt werden, die im Alltag gerne einmal unter den Tisch fallen. Dem Gehirn ist es bei den Veränderungen egal, wie und wo diese Veränderungen stattfinden. Das Ergebnis ist das gleiche. Es reagiert positiv auf Veränderungen der gewohnten Umgebung. Dabei können ein kleiner See im Nachbarort, ein versteckter Stadtpark oder ein historisches Viertel überraschend fremd und spannend wirken.
So können diese Mini-Fluchten ein ähnliches Gefühl wie ferne Reiseziele vermitteln, da neue Eindrücke und unbekannte Wege das Gehirn stimulieren. Dabei ist es gut möglich, dass der eine oder andere völlig unbekannte Orte entdeckt. Wie funktioniert der Perspektivwechsel besonders gut? Wenn man Routen und Orte wählt, die im normalen Alltag nicht vorkommen.
Sinneserfahrungen intensivieren
Wenn wir bewusst alle Sinne einsetzen, um den Moment tiefer zu erleben, intensivieren wir die Sinneserfahrung. Oftmals ist man im Alltag wie ein Roboter oder auf Autopilot unterwegs. Die Umgebung wird dabei kaum wahrgenommen. Daher hilft es bei einer Mini-Auszeit, gezielt nach neuen Gerüchen, Geräuschen, Geschmäckern, Berührungen und Anblicken zu suchen. So kann ein Spaziergang durch den Wald spannender werden, wenn man auf das Rascheln der Blätter, den Duft von Moos oder die unterschiedlichen Grüntöne achtet.
Solche intensiven Sinneseindrücke kann das Gehirn besonders gut speichern. Dadurch kommt es zu einem ähnlichen Effekt wie bei längeren Urlauben. Die Zeit scheint langsamer zu vergehen. Auch können ein lokales Restaurant mit ungewohnter Küche oder ein Konzert mit Live-Musik starke Sinneseindrücke vermitteln. Durch diese bewusste Wahrnehmung können Routinen durchbrochen und kleine Momente des Staunens geschaffen werden.
Mikro-Rituale etablieren
Beim Gehirn einen “Urlaubsmodus” zu erzeugen, geht auch mit kleinen besonderen Aktivitäten. Denn Menschen assoziieren bestimmte Handlungen oft mit Entspannung und Auszeit. Das Gefühl kann schon durch ein Croissant zum Frühstück ausgelöst werden, vorausgesetzt es wird ansonsten nur im Hotelurlaub gegessen. Wichtig ist der Kontrast zum Alltag. Auch ein Picknick auf dem Balkon mit einem speziellen Getränk oder das Lesen eines Romans in einem Café statt zu Hause können bereits ausreichen. Diese kleinen Rituale helfen, gedanklich Abstand zu gewinnen und psychologisch in den Urlaubsmodus zu wechseln.
Zeitliche Strukturierung
Bei organisierten Reisen und normalen Tagesausflügen ist der Ablaufplan oft ziemlich vollgepackt. Und so hetzen dabei Menschen oft von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten. Doch um sich tatsächlich entspannen zu können, braucht es ein anderes Zeitmuster. Welches? Der Tag sollte genügend Freiräume enthalten, in denen nichts Bestimmtes geplant ist. Was bringen diese ungeplanten Momente? Sie erlauben es, spontan länger an einem schönen Ort zu bleiben oder etwas Unerwartetes zu erkunden.
Ganz ohne Struktur geht es aber auch nicht. Sie sollte aber sanft sein. Durch eine sanfte Struktur bekommt der Tag einen gewissen Halt und verstreicht nicht ungenutzt. Diese Struktur sollte zwischen den zwei Extremen liegen (Alltag und Sightseeing-Tour). Denn das Gehirn benötigt Zeit ohne Druck, um wirklich abschalten zu können.